Entspannter Alltag mit einem hämophilen Kind

Entspannter Alltag mit einem hämophilen Kind

Positiv bleiben

„Ich wurde regelmäßig von den Schwestern im Krankenhaus ermahnt, nicht jedes Mal für den gelungenen Piks ein Geschenk zu geben, weil es ja Normalität werden sollte. Trotzdem blieb ich dabei. Es war die Möglichkeit für uns beide, uns zu belohnen, denn es war keine einfache Zeit, aber es wurde stetig besser.“

Mutter und Vater schauen zwei kleinen Jungen auf dem Feldweg beim Spielen zu

Konduktorin Stephanie machte sich anfangs große Sorgen um die Gesundheit ihres hämophilen Sohnes. Die regelmäßigen Termine im Hämophilie-Zentrum zehrten zusätzlich an ihren Kräften. Doch mit der Zeit lernte sie, die Erkrankung ihres Kindes zu akzeptieren und den Mut nicht zu verlieren. Denn Hämophilie ist heutzutage gut behandelbar. Die Option der Heimselbstbehandlung ermöglicht Eltern einen flexibleren Alltag. Und durch die regelmäßige Prophylaxe kann auch ein Kind mit schwerer Hämophilie fast alles machen, was andere Kinder auch tun: spielen, Spaß haben oder Freunde treffen – und v. a. ein weitgehend freies, aktives und selbstbestimmtes Leben führen.

Selbstständigkeit des hämophilen Kindes fördern

Damit Dein Kind die Hämophilie und das Spritzen als Bestandteil seines Alltags akzeptiert, braucht es ein positives Vorbild. Auch wenn es nicht immer leichtfällt: Versuche auch in turbulenten Situationen, besonnen zu reagieren, betrachte die Faktorgabe als selbstverständlich und fördere die körperliche Aktivität Deines Kindes. So hilfst Du ihm, seine Grenzen richtig einzuschätzen. Stephanie weiß mittlerweile: „Das heranwachsende Kind entwickelt sehr feine Antennen und kann gut abschätzen, welche Aktivitäten gehen und welche nicht […].“ Mit der Zeit kann Dein Kind außerdem lernen, sich selbst zu spritzen – z. B. mit Deiner oder mit der Hilfe einer Fachkraft im Hämophilie-Zentrum.

Entlastungen finden und annehmen

„Je jünger das Kind ist, desto mehr muss man die Erwachsenen aufklären und in die Pflicht nehmen. Wichtig ist, dass die Erzieher und Lehrer interessiert sind und tatsächlich Verantwortung übernehmen wollen.“

Für Stephanie war es von Anfang an wichtig, Aufgaben und Verantwortungen frühzeitig auf mehrere Schultern zu verteilen. Denn jede Lebensphase eines hämophilen Kindes bringt neue Herausforderungen mit sich. Bei der Heimselbstbehandlung kann Dich z. B. Dein Partner oder ein anderer Familienangehöriger unterstützen, der das Kind beruhigt und während des Spritzvorgangs ablenkt. Vor allem, wenn Du in Deinem Beruf wieder durchstarten möchtest, ist es wichtig, enge Bezugspersonen wie Familie und Freunde, Erzieher oder Lehrer über die Hämophilie deines Kindes aufzuklären. Wenn sie wissen, worauf sie achten müssen, können sie im Notfall schnell handeln.

Konduktorin Charlotte entschied sich letztlich für ein zweites Kind, obwohl durch die Hämophilie ihres Sohnes klar war, dass sie den Gendefekt in sich trägt: „Es war eine bewusste Entscheidung für ein zweites Kind, denn das erste zeigt mir täglich, wie schön es ist, dass er auf der Welt ist! Sein Leben ist lebenswert, also wird es das für das zweite Kind auch sein, egal ob hämophil oder nicht. Durch die über die Jahre erarbeitete Routine kannte ich mich nun bestens mit der Krankheit aus und hatte einen enormen Wissensvorsprung. Das nahm mir den Respekt vor der möglichen Herausforderung.“

Praktische Tipps

Um Dich und Deine Familie im Alltag nachhaltig zu entlasten, können folgende Tipps hilfreich sein:

  • Durch kleine Handkniffe kannst Du das Verletzungsrisiko in eurem Zuhause minimieren.

  • Informiere Dich genau über die Erkrankung – z. B. bei den Fachleuten in Deinem Hämophilie-Zentrum.

  • Erkläre auch Deinem Kind, was Hämophilie bedeutet und wie wichtig eine regelmäßige Prophylaxe ist. So kann es im Ernstfall wichtige Informationen zur Erkrankung an Freunde und andere Kontaktpersonen weitergeben.

  • Damit Dein Kind lernt, selbstbewusst und selbstständig mit der Hämophilie umzugehen, ist es hilfreich, wenn es andere betroffene Kinder kennenlernt. Verschiedene Hämophilie-Gesellschaften bieten z. B. regelmäßig Kinder- und Jugendfreizeiten an.

  • Um Deinen Tag besser strukturieren zu können, kannst Du feste Zeiten für das Spritzen festlegen. Klare Abläufe geben Deinem Kind außerdem Sicherheit bei der Spritzen-Routine.

  • Eine Hämophilie-Assistenz kann Deinem Kind zeigen, wie es sich selbst das Faktorpräparat injiziert. Später kann es dann selbst seinen Faktorspiegel überprüfen und seine Aktivitäten entsprechend planen.

  • Tausche Dich mit anderen Konduktorinnen und Müttern hämophiler Kinder über Deine Erfahrungen aus. Adressen und Kontaktmöglichkeiten erhältst Du z. B. in Deinem Hämophilie-Zentrum.

  • Im Hämophilie-Zentrum findest Du außerdem psychosoziale Unterstützungsangebote.

  • Damit eure Urlaubsplanung trotz der Hämophilie Deines Kindes entspannt wird, kannst Du im Vorfeld nach einem Hämophilie-Zentrum in der Nähe des Urlaubsortes suchen.