Konduktorin: Emotionale Aspekte

Konduktorin: Emotionale Aspekte

Trägerin und Betroffene

Frauen können die Gerinnungsstörung nur vererben.“ Hast Du diesen Satz schon einmal gehört? Viele Konduktorinnen fühlen sich von anderen Menschen und sogar von Fachärzten nicht ernst genommen. Noch heute werden ihre körperlichen und seelischen Belastungen häufig unterschätzt.

Frau schaut nachdenklich in die Ferne

Für Konduktorin und von-Willebrand-Patientin Carmen war der Weg zur Diagnose alles andere als einfach. Dass sie Konduktorin ist, erfuhr sie erst nach der Geburt ihres Sohnes. Doch bereits als junge Frau litt sie unter Symptomen wie blauen Flecken und einer starken Regelblutung: „Konduktorin zu sein ist wie ein kleiner Bluter im Hintergrund. Der Fokus liegt immer auf der sichtbar von Hämophilie betroffenen Person und nicht bei der Person, die die Hämophilie vererbt hat. Die Aussage ‚eine Konduktorin überträgt nur und hat keine Gerinnungsstörung‘ zieht sich bei den Ärzten durch wie ein roter Faden […]. Das macht es oftmals schwierig. Symptome oder Bedenken einer Konduktorin werden von Ärzten oft nicht ernst genommen.“

Auch heutzutage ist es für Carmen manchmal schwierig, den Ärzten ihren besonderen Status zu erklären: „Als Konduktorin musst Du schon im Vorfeld einer Erkrankung die inneren Alarmglocken auf Stellung schalten. Du kannst nicht davon ausgehen, dass das medizinische Umfeld einen ernst nimmt oder auf risikobehaftete Patienten eingestellt ist. Ich bin sehr froh, dass ich meine Gerinnungsärztin jederzeit erreichen kann und so immer auf der sicheren Seite bin.“

Psychische Herausforderungen

Bestimmte Symptome können sowohl Deinen Arbeitsalltag als auch Dein privates Umfeld beeinflussen. Wenn Du z. B. häufiger unter Blutergüssen leidest, hast Du vielleicht schon einmal die Erfahrung gemacht, dass andere Menschen Dich erschrocken mustern. Vielleicht ist deswegen auch Dein Partner schon mal in der Öffentlichkeit mit vorwurfsvollen Blicken gestraft worden. So schwer es auch fällt: Versucht, solche Reaktionen nicht persönlich zu nehmen. Viele Menschen wissen nicht, was Blutgerinnungsstörungen sind und wie sie sich auswirken können. In den meisten Fällen wollen sie nur helfen.

Neben möglichen gesundheitlichen Beschwerden können auch besondere emotionale Belastungen auftreten, bspw. Schuldgefühle und Angst, das Hämophilie-Gen künftig zu vererben. Auch die Sorge, anders zu sein oder abgelehnt zu werden, sind Aspekte, die Dir womöglich bekannt vorkommen. Es ist verständlich, dass Du Dich deshalb vielleicht manchmal hilflos und traurig fühlst. Sei Dir jedoch sicher: Du bist nicht allein.

Es gibt eine große Community, die sich in zahlreichen Kanälen vernetzt und austauscht. Außerdem sind verschiedene Organisationen stets darum bemüht, das Bewusstsein für Konduktorinnen und Frauen mit Blutungserkrankungen zu stärken. Um Deinen Sorgen und Nöten einmal Luft zu machen, kannst Du auch professionelle psychologische Unterstützung in Anspruch nehmen. Eine erste Anlaufstelle dafür stellen spezialisierte Hämophilie-Zentren dar. Sie bieten teilweise sogar gesonderte Sprechstunden für Konduktorinnen an.