Das von-Willebrand-Syndrom

Das von-Willebrand-Syndrom

Verbreitung

Es ist die häufigste angeborene Blutgerinnungsstörung – ungefähr 1 % aller Deutschen leidet unter dem von-Willebrand-Syndrom. Anders als bei der Hämophilie sind Frauen gleichermaßen davon betroffen. Da die meisten Betroffenen unter einer leichten Form (dem sogenannten Typ 1) leiden, wird es häufig erst spät entdeckt, etwa bei einer Operation.

Symptome

Menschen, die vom von-Willebrand-Syndrom betroffen sind, haben häufiger blaue Flecken. Außerdem bluten bei ihnen Wunden oftmals lange nach und heilen schlecht– selbst bei kleinen Verletzungen. Auch Zahnfleischbluten und Nasenbluten treten vermehrt auf. Darmblutungen können, besonders bei Erwachsenen, ebenfalls vorkommen. In schweren Fällen kann es sogar zu Muskel- und Gelenkblutungen geben. Frauen haben häufig eine stärkere oder längere Menstruation. Bei einer Entbindung kann es zudem zu Blutungskomplikationen kommen.

Diagnose

Solltest Du den Verdacht haben, am von-Willebrand-Syndrom erkrankt zu sein, suche Deinen Arzt auf. In einem Anamnesegespräch wird er Dich unter anderem zu Deiner Familiengeschichte befragen, denn die Erkrankung ist erblich. Scheint ein von-Willebrand-Syndrom vorzuliegen, hole Dir eine Überweisung zu einem Spezialisten. In einem auf von-Willebrand-Syndrom spezialisierten Gerinnungszentrum können Ärzte mit einer Zusatzqualifikation (sogenannte Hämostaseologen) feststellen, ob es sich tatsächlich um das von-Willebrand-Syndrom handelt. Mit einem Bluttest und sogenannten molekulargenetischen Diagnosemethoden wird zudem die DNA untersucht, um zu ermitteln, welche Form des von-Willebrand-Syndroms vorliegt.

Therapie

Das von-Willebrand-Syndrom ist heute gut behandelbar. Dabei stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: Die Erkrankung wird entweder on-Demand, also bei einer akuten Blutung, oder vorbeugend, etwa vor einer OP, therapiert. In schweren Fällen ist in der Regel eine prophylaktische Dauertherapie notwendig sein, dadurch können langfristige Gelenkschäden verhindert werden.

Abbildung Prozess Faktorsubstitution

Tipps für den Alltag

Wenn Du am von-Willebrand-Syndrom erkrankt bist, ist mit den richtigen Medikamenten und einem durchdachten Umgang trotzdem ein nahezu normaler Alltag möglich.

Es gibt einige Tipps, die Dir dabei helfen:

  • Trage Deinen Notfallausweis stets bei Dir. Du kannst ihn über unseren Bestellservice beziehen.
  • Vor einer Zahnbehandlung oder einem operativen Eingriff, sprich mit Deinem Hämostaseologen. Kläre außerdem Deinen Zahnarzt bzw. behandelnden Arzt über Dein erhöhtes Blutungsrisiko auf.
  • Blutverdünnende Medikamente, die zum Beispiel Acetylsalicylsäure (ASS) enthalten, solltest Du nicht einnehmen. Sprich am besten mit Deinem Arzt darüber, welche Medikamente für Dich geeignet sind.
  • Offenheit zahlt sich aus: Erzähle Deinem Umfeld von Deiner Erkrankung. So wissen alle Bescheid und können auch im Notfall reagieren.
  • Auch Sport ist mit dem von-Willebrand-Syndrom möglich und sinnvoll. Übe bei einer schweren Form der Erkrankung allerdings idealerweise Sportarten mit geringem Verletzungsrisiko aus. Mit Deinem Spezialisten kannst Du besprechen, welche Sportarten für Dich am besten geeignet sind.

Wie ist es ganz konkret, mit dem von-Willebrand-Syndrom zu leben? Patientenbloggerin Ines lässt Dich in ihren Videos daran teilhaben, wie sie mit viel Lebensfreude und einer Prise Humor ihren Alltag mit der Erkrankung meistert.

Unterschied zur Hämophilie

Bei der Hämophilie fehlt ein Gerinnungsfaktor. Hier läuft bei einer Verletzung zwar die erste Phase der Blutgerinnung normal ab, allerdings funktioniert der dauerhafte Verschluss der Wunde nicht bzw. nur unzureichend. Beim von-Willebrand-Syndrom hingegen funktioniert bereits das erste Kitten der Wunde nicht.

Vererbung

Genau wie die Hämophilie ist auch das von-Willebrand-Syndrom eine Erbkrankheit. Allerdings können sowohl Vater als auch Mutter es weitergeben. Denn das fehlerhafte Gen liegt, im Gegensatz zur Hämophilie, nicht auf dem Geschlechtschromosom.

Der von-Willebrand-Faktor

Beim von-Willebrand-Syndrom wird der sogenannte von-Willebrand-Faktor nicht ausreichend gebildet. Dieses Eiweiß-Molekül hat zwei wichtige Aufgaben: Zum einen leitet er bei einer Verletzung den ersten Schritt der Blutstillung ein und sorgt dafür, dass sich Blutplättchen an die verletzte Gefäßwand anlagern. So wird die Blutung schnell gestoppt. Zum anderen stabilisiert er den Gerinnungsfaktor VIII. Das ist wichtig für die weiteren Schritte im Rahmen der Blutstillung, die schließlich zu einem dauerhaften Wundverschluss führen.

Häufig wird der von-Willebrand-Faktor als Gerinnungsfaktor bezeichnet. Dies ist im engeren Sinne aber nicht korrekt, da der von-Willebrand-Faktor nicht an der Gerinnungskaskade teilnimmt.

Abbildungen Wundverschluss mit und ohne von-Willebrand-Faktor

Drei Typen des von-Willebrand-Syndroms

  • Typ 1: Hier ist zu wenig von-Willebrand-Faktor vorhanden. Dies ist eine leichte Form und betrifft zwischen 60 und 80 % der Menschen, die vom von-Willebrand-Syndrom betroffen sind.
  • Typ 2: In diesem Fall ist der von-Willebrand-Faktor nicht voll funktionsfähig. Hier kann es milde und schwere Verläufe geben.
  • Typ 3: Hier fehlt der von-Willebrand-Faktor vollständig. Dies ist die schwerste Form des von-Willebrand-Syndroms. Allerdings kommt dieser Typ nur äußerst selten vor und betrifft weniger als 1 % der Erkrankten.

Du möchtest eine visuelle Veranschaulichung? Dann sieh Dir das Video von Dr. Thomas Kurscheid zum von-Willebrand-Syndrom an!